High School in USA

Leonie - Michigan, Lake City

Drittplatzierte des Essaywetttbewerbs 2014/2015

"Ich hoffe, dass ich diesen Text hier irgendwann lesen werde und mir denke, dass ich mir gar nicht so viele Gedanken hätte machen brauchen, weil ich letzten Endes eine ganz tolle Gastfamilie gefunden hab." Das sind die genauen Worte, die ich in mein Tagebuch schrieb, kurz bevor ich Deutschland für 10 Monate verließ. Während meiner Zeit in Lake City, Michigan, habe ich jedoch nicht nur eine zweite Familie auf der anderen Seite der Welt gefunden, ich durfte außerdem eine Menge über mich selber lernen, tolle Freunde kennen lernen und eine ganze Menge unvergesslicher Erfahrungen sammeln.

Ich kann mich noch ganz genau daran erinnern, wie ich vor circa 9 Monaten am Flughafen in Chicago stand und ich mich unheimlich erwachsen gefühlt habe. Natürlich stand ich während dessen am falschen Schalter für den Visa-Check und als mich eine genervte Mitarbeiterin darauf hinwies, lächelte ich freundlich, bedankte mich und rührte mich nicht vom Fleck, da ich kein Wort verstanden hatte. Am Ende bin ich aber doch irgendwie in Lake City angekommen. Ein kleines Dorf, welches ich mittlerweile Zuhause nennen kann.

Die ersten Tage waren nicht einfach, aber gleichzeitig unheimlich interessant. Mich hat zu Anfang alles begeistert. Die amerikanischen Straßen, die den Anschein machen, als würden sie dich stundenlang nur geradeaus führen, die gigantischen Einkaufs"hallen" und, ja, lacht mich ruhig aus, die riesigen Milchkanister.

Eine andere Sache, die ich auf jeden Fall nicht vergessen werde, ist die Natur hier in Michigan. Ich meine, ich bin gerade mal 18 Jahre alt, aber ich habe in meinem ganzen Leben noch nie so einen schönen Herbst gesehen! Die Blätter hier sind während des Herbstes knallrot und einige Bäume sehen so aus, als hätte man sie in ein Farbglas getunkt. Während unseres circa siebenmonatigen Winters hier in Nord-Michigan durfte ich erleben, wie es sich anfühlt, bei bis zu minus 30° kaum atmen zu können und wie dämlich es ist, bei diesem Wetter Ski zu laufen.

Diese Erfahrung durfte ich während meines Semester in "Outdoor Education" machen. Eindeutig meine Lieblingsklasse. Neben Ski-Laufen haben wir außerdem gelernt, wie man fischt und mit Pfeil und Bogen schießt. Natürlich haben wir hier auch Klassen wie Mathe, Englisch und Geschichte, aber Fächer wie Fotografie und "Speech" sind dann doch eine willkommene Abwechselung.

Was ich mit Sicherheit vermissen werde, sind die Sportangebote. Während meiner Zeit hier bin ich Cross Country gelaufen, habe Basketball gespielt und momentan arbeite ich an meiner Golf Technik im Lake City Golf Team. Cross Country hat mich sehr herausgefordert. Ich musste mich jeden Tag aufs neue überwinden, zum Training zu gehen und während den Wettbewerben musste ich mich davon abhalten, nach den ersten zwei Meilen einfach aufzugeben. Am Ende hat jedoch immer ein Team auf mich gewartet, das mich auf den letzten Metern angefeuert hat.

Ich denke, während meiner Zeit im Basketballteam habe ich viele zum Lachen gebracht, da ich mich als ziemlich untalentiert geoutet habe. Die Regeln habe ich bis heute nicht ganz verstanden und dribbeln ist eine Sache für sich. Ich kann allerdings mit Stolz sagen, dass meine Freiwürfe mittlerweile ganz ordentlich sind. Über Golf kann ich noch nicht so viel berichten, da wir noch mitten in der Season sind. Es steckt auf jeden Fall mehr Arbeit dahinter als gedacht.

Ich könnte euch ein ganzes Buch über die tollen Ausflüge und Erfahrungen schreiben, die ich schon machen und sammeln durfte. Unser Trip nach Disneyworld in Florida, Homecoming oder unser Winter Jam Concert. Mein erstes "Schießerlebnis" war auf jeden Fall etwas Besonderes. Von den amerikanischen Waffengesetzen halte ich eigentlich nicht viel, aber, Prinzipien über Bord geworfen, geschossen habe ich trotzdem. Ich hab mich als überraschend talentiert erwiesen und sogar einen "Schießwettbewerb" gegen meinen Gastpapa gewonnen.

Nun hab ich noch ungefähr einen Monat hier im Amerika und ich kann mich nicht entschieden, wie ich mich fühlen soll. Auf der einen Seite freue ich mich auf meine Familie in Deutschland und all die Dinge, die ich während meines Jahres wertschätzen gelernt habe (Vollkornbrot und öffentliche Verkehrsmittel!). Aber auf der anderen Seite bin ich traurig, dass ich all die lieb gewonnenen Menschen und Orte für eine ungewisse Zeit zurück lassen muss. Bis dahin versuche ich, jede Minute hier zu genießen und freue mich auf meinen noch anstehenden Kanada-Trip, die Tanz-Aufführung meiner Gastschwestern, meine Abschiedsfeier und eine Menge anderer Dinge.

Ein großes Dankeschön an das ganze Carl Duisberg-Team und all die Menschen, die mir dieses Jahr, egal in welcher Hinsicht, ermöglicht haben.

Leonie