High School in Großbritannien

Frau S. - England

Frau S. berichtet über die Entscheidung zum Schüleraustausch ihres Sohnes

"Mama, ich habe heute in der Schule eine Info-CD für Auslandsaufenthalte in der 10 bekommen, das musst du dir ansehen", sprach unser damals 14-jähriger Sohn zu Beginn des 9. Schuljahres.

Ich dachte an die Erfahrung 2 Jahre vorher, als der ältere Bruder von T. einen Auslandsaufenthalt kategorisch mit den Worten abgelehnt hatte: "Ich kann doch meine (Fußball-)Mannschaft nicht im Stich lassen."

Das beruhigte mich zunächst, ich konnte mir gar nicht vorstellen, dass "der Kleine" alleine im Ausland zurechtkommt. Gleichwohl fiel mir aber schon an der Stelle ein, dass „der Kleine“ schon als 3-Jähriger während unserer regelmäßigen Frankreichaufenthalte alleine in die Geschäfte stiefelte und zur Freude aller die Menschen professionell mit "Bonjour, monsieurs, dames" begrüßte.

Dementsprechend fragte T. auch bald nach: "Habt Ihr Euch die Unterlagen angesehen?" In uns Eltern wuchs die Sorge, dass er es wirklich ernst meint. Also kam das naheliegende, vermeintlich unschlagbare, Argument zum Einsatz: "Naja, deine Noten sind ja nicht so, dass du einfach ein halbes oder ein Jahr aussetzen kannst. Wenn du deine Noten verbesserst, dann denken wir darüber nach." Das Unerwartete geschah: Unser bis dahin schulisch wenig engagierter Sohn entdeckte, dass er sich für bessere Noten geringfügig mehr engagieren muss und erntete die Erfolge.

Die Gedanken zu einem Auslandaufenthalt präzisierten sich: "Ich möchte in ein englischsprachiges Land, Englisch ist mir durch Online-Spiele mit Leuten aus englischsprachigen Ländern vertraut. Am liebsten möchte ich ganz weit weg, Australien oder USA wäre gut."

Nun mussten wir uns wohl oder übel mit dem Wunsch unseres Sohnes auseinandersetzen, recherchieren, wie geht das mit einer Zeit im Ausland, wer organisiert das, was kostet das? Infoabende folgten, Vergleiche von Anbietern, Gespräche mit anderen Eltern, immer begleitet von der Frage: Trauen wir unserem Sohn das zu? Schließlich die Entscheidung: Großbritannien bietet ein ansprechendes Schulsystem, es ist nicht so weit weg wie "down under", aber auch ein ganz anderer Kulturkreis. Die Entscheidung für die Carl Duisberg Centren fiel leicht, weil ich vor vielen Jahren selber mal für CDG gearbeitet habe, und weil die Informationen, schriftlich und beim Infoabend, verständlich und transparent waren.

Es folgte das schriftliche Bewerbungsverfahren und das mündliche Gespräch. Mit diesen Schritten wuchs unser Vertrauen in unseren Sohn, dass er seine Belange selber in die Hand nehmen kann und für seine Interessen einsteht. Schließlich musste er seine Bewerbung selber verfassen, wir Eltern haben nur bei Nachfragen Anregungen gegeben.

Unser Sohn freute sich "wie ein Märzhäschen", als er angenommen wurde. Nun begann die Zeit der Fragen: Komme ich die Region, die ich mir gewünscht habe? Ländlich sollte es sein. An welche Schule komme ich? Wie wird die Familie sein? Was brauche ich? Reicht mein Englisch wirklich? Auch wenn es letztlich bis August dauerte, bis die Familie für T. feststand, so fühlten wir uns von den Carl Duisberg Centren immer gut informiert. Die Informationen zur Schule, die Anforderungen an die Fächerwahl für T., die Informationen zur Schuluniform, alles kam sofort bei uns an, das festigte unser Vertrauen in die Organisation. Wir wurden sicherer, dass unser Sohn in England nicht verloren gehen würde. Das Vorbereitungswochenende, an dem die Vertreter der englischen Partnerorganisation teilnahmen, hat das alles noch einmal bestätigt.

Der Sommer war reich an Vorbereitungen: mit der hiesigen Schulleitung sprechen, den Antrag auf Beurlaubung stellen, Kleidung, Schuhe für die Schuluniform, den Schulsport besorgen, soweit das in Deutschland möglich war. Interessanterweise wurde T. in der Zeit vor den Sommerferien von Lehrern, mit denen er bis dahin nicht über seine Pläne gesprochen hatte, auf den Auslandsaufenthalt angesprochen und bestätigt. Es schien, als würden ihn die Lehrer bereits jetzt in einem anderen Licht sehen, ihm deutlich mehr Anerkennung zollen, als das bisher der Fall war.

Die Anreise nach London, ausgerechnet Heathrow, ein nicht gerade kleiner Flughafen, war von der englischen Partnergesellschaft, WHG, ausgesprochen gut organisiert. Die Mitarbeiterinnen in den "fashionable yellow T-shirts" standen wirklich da und sorgten für die Weiterreise. Der Gastmutter hatte ich morgens nach dem Abflug schon eine Mail geschickt, dass T. in Köln pünktlich abgeflogen war. Umgehend kam die Antwort: "Wir holen ihn gleich am Bus ab. Dass Sie das aushalten, 5 Monate ohne ihren Sohn." Ja, das war eine große Umstellung, zumal unser Sohn nicht so furchtbar kommunikativ ist. Karten oder Briefe schreiben? Niemals! Gelegentlich skypen und sich über die Ergebnisse des 1. FC Köln informieren lassen, o. k.

Aber unsere Neugier auf Großbritannien wuchs, wir Eltern waren vor vielen Jahren das letzte Mal dort. Also entstand die Idee, in T.´s mid term break uns mit ihm in London zu treffen. Das erforderte einen ziemlichen "Verwaltungsaufwand" mit WHG, den ich aber absolut berechtigt fand. Schließlich wollte WHG ganz sicher sein, dass wir wirklich die Eltern sind, dass wir ihn am Busbahnhof abholen und auch wieder zum Busbahnhof bringen. Die ganze Familie verbrachte schließlich bei strahlendem Sonnenschein ein langes Wochenende in London.

Rückblickend das Witzigste an T.´s Englandhalbjahr möchte ich dann nicht vorenthalten. T. hatte sich in Absprache mit der Gastfamilie entschieden, über Weihnachten dort zu bleiben, weil seine Heimreise ja auch schon für den 31. Januar feststand. In der Adventszeit kam dann sein Wunsch: "Kannst du mir FC-Schals als Geschenk für die Jungs in der Gastfamilie schicken?" Also packte ich FC-Schals, Kölntassen für die Familie, Lebkuchen, Dompralinen etc. in ein Paket, das dann DHL erst mal verbaselte, aber das ist eine andere Geschichte. Kurz vor Weihnachten fragte T. per skype an, wie er denn bitte eine Tasse in Geschenk-papier bringen könne. Meine mündlichen, wie ich fand, präzisen Angaben konnte oder wollte T. nicht verstehen, also musste eine Videoschaltung her. Mit vereinten Kräften, vielen weiteren Präzisierungen und unter viel Gelächter (die ganze Familie gab gute Ratschläge) gelang es T. dann, Tassen und Schals in Papier zu wickeln, mit Kordel zu verzieren und sie unter dem Weihnachtsbaum zu drapieren.

Fazit: Es war eine kluge Entscheidung, T.´s Wunsch zu unterstützen, ins Ausland zu gehen. Wir können natürlich nicht genau beziffern, um wie vieles er während dieser Zeit auch in Köln gereifter, selbständiger, zielorientierter, selbstbewusster geworden wäre. Aber wir sind sicher, dass er das zu Hause, im eingefahrenen Trott, niemals in dieser Ausprägung erreicht hätte. Bleibt noch zu erwähnen, das wundervolle britische Englisch, das er seitdem spricht und das ihm gerade ermöglicht, Nachhilfe in Englisch zu geben.