High School in Kanada

Pauline - British Columbia, Nanaimo

Gewinnerin des Essaywettbewerbes 2015/2016

Ten Months in Canada

Mein Auslandsjahr, um genau zu sagen, meine 10 Monate, haben schon viel früher angefangen als die eigentliche Reise. Ich habe schon fast ein ¾ Jahr vorher begonnen, mich damit zu beschäftigen, bevor es dann endlich im September nach Kanada ging. Mit meinen Eltern (hauptsächlich meiner Mum – nicht, dass sich mein Dad nicht interessieren würde, doch Mama ist die, die alles lieber ganz genau prüft und vergleicht) bin ich zu mehreren Info-Abenden und auch Vorstellungen meiner Schule gegangen und hatte das Gefühl, für alles gewappnet zu sein.

Ich weiß, man hat hundert Erfahrungsberichte gelesen, tausende Kommentare und Hilfestellungen angehört und glaub mir, wenn du aus diesem Flugzeug aussteigst, hast du keinen Plan, was du überhaupt machen sollst und bist erst mal auf dich allein gestellt. Aber keine Angst – alles wird gut :)

Man kann es sich vorstellen, wie wenn man ins Meer baden geht: Man stellt sich darauf ein, dass es kalt sein wird und traut sich trotzdem erst mal nur bis zu den Knien hinein. Man zittert und versucht, sich an die Temperatur zu gewöhnen (Informationsphase = vor dem Abflug).

Dann musst du irgendwann rein, weil alle anderen auch schon drin sind und dir ist erst mal total kalt! (Eingewöhnungsphase).

Danach folgt der Spaß, du hast dich an das Wasser gewöhnt, es fühlt sich auch gar nicht mehr unangenehm an, du hast dich eingewöhnt (Fun-Phase).

Doch dann, ganz plötzlich, rufen dich deine Eltern, dass du rauskommen sollst. Nein!!! Es hat doch gerade so unglaublich viel Spaß gemacht und du hast neue Freunde kennengelernt! Doch es hilft nichts und so gehst du langsam aus dem Wasser, trocknest dich ab und schaust traurig zurück auf das Meer und all den Spaß, den du eben noch hattest und der jetzt schon so unendlich weit entfernt scheint (Abschied).

Doch zurück zu meinem Exchange Year… Ich bin also in Kanada gelandet und mache einen Schritt nach dem anderen aus dem Flugzeug und kann sie schon bald sehen, meine Gastmutter mit meinen drei Gastgeschwistern und meiner japanischen Gastschwester. Ich habe sie nett begrüßt und zuhause dann auch noch meinen Gastvater kennengelernt, zu dem ich immer das bessere Verhältnis hatte als zu meiner Gastmutter, wobei sie natürlich auch nicht unfreundlich war.

Die Eingewöhnungsphase war so ca. drei Wochen lang bei mir. Diese Tage waren schon schwierig und wenn ich vorher dachte, ich hätte kein Heimweh, musste ich einsehen, dass ich mich geirrt hatte.

Danach hatte ich ein paar Freunde (meistens andere Austauschschüler #mostamazingpeople), kannte mich in der Schule und meinem neuen Zuhause aus und hatte mich bei einem Karateverband angemeldet. Das Training dort hat mir sehr geholfen, ich wurde unglaublich warmherzig aufgenommen.

Die ersten Monate vergingen, ich habe die Sprache schnell erlernt und besser verstanden und machte Fortschritte beim Sprechen. Das Schreiben hat sich auch schon langsam verbessert, dauert ja aber auch am längsten, um es wirklich gut zu können.

Weihnachten steht vor der Tür, zieht vorbei und es ist Silvester!! Party bei einer Freundin, da meine Gasteltern einfach geschlafen und es nicht so wirklich wichtig genommen haben. Null Uhr, Mitternacht stoßen wir an, vier Nationen sind vertreten, Türkei, Deutschland, Brasilien und Japan. Und ich kann sagen, dass ist ein unglaubliches Gefühl. Du sitzt dort, hast alles alleine geschafft, dir ein neues Leben aufgebaut, einen täglichen Rhythmus gefunden und feierst mit Freunden von überall auf der Welt Silvester UND sprichst Englisch! Ungelogen, niemand, der sowas je erlebt hat, kann wissen, wie gut sich das anfühlt und wie stolz man in diesem Moment einfach auf sich selbst ist.

Der Januar vergeht wie im Flug und ich muss erste Abschiede verkraften… traurig, weil du nie weißt, ob und wann du deine Freunde wiedersehen kannst. Doch neue Leute kommen und das zweite Halbjahr wird der Hammer! Du kennst dich aus, hast dich vertraut mit deiner Umgebung gemacht, hast „Routine“.

Trips wie die Rocky Mountains Tour, Surfen, Vancouver, Victoria, Ausflüge über Ausflüge, der Sommer steht vor der Tür. Das 2. Halbjahr ist toll! Du kannst endlich richtig Englisch verstehen und sprechen, hast Freunde und ein zweites Zuhause. Die Wege sind bekannt, du weißt, welchen Bus du nehmen musst und bekommst schon so langsam ein wenig Angst vor dem Zurückgehen. Vor allem die vielen Trips und diese Abenteuer waren so cool und ich werde sie nie wieder vergessen. Sleepovers, Hot Tub (Whirlpool) und einfach den unendlichen Himmel genießen. In diesen letzten 5 Monaten hatte ich so viel Spaß wie noch nie zuvor. Habe gelacht, mich wohl gefühlt, mit Menschen, die noch nicht mal die gleiche Muttersprache sprechen wie ich.

Ich habe mal einen Spruch gefunden, der diese Freunde so gut beschreibt:

“The best kind of people are the ones that come into your life, and make you see the sun where you once saw clouds. The people that love you, simply for being you. The ones in a lifetime kind of people.”

Ich kann gar nicht in Worte fassen, wie das Auslandsjahr war, es sind einfach zu viele Gefühle. Doch eins kann ich sagen: Dieses Jahr hat für mich so viel gebracht. Ich habe Plätze gesehen, von denen ich vorher noch nicht einmal geträumt hätte, dass es sie gibt, bin selbstbewusster und offener Neuem gegenüber, habe wundervolle Personen von überall aus der Welt als Freunde und habe ein Herz, was voll mit schönen Erinnerungen und einem so großen Fernweh ist, dass es fast platzt.

My advice: Go for it!