High School in Kanada

Michaela - Region Vancouver, Langley School District

Liebe Frau Rischmann,

das Wichtigste vorweg: Janina geht es wunderbar in Kanada und sie möchte nicht mehr zurück :-)....zumindest aber auf ein Jahr verlängern....oder wir könnten doch auch ein paar Jährchen hinziehen, bis sie ihren Abschluss gemacht hat?! Und sie ist so beschäftigt, dass sie keine Zeit findet, selbst zu schreiben ;-). 

Da ich aber denke, dass es für Sie interessant ist, wie es bei Ihren "Küken" so läuft, möchte ich Ihnen aus meiner Sicht zu verschiedenen Punkten eine Rückmeldung geben.

Gastfamilie:
Janina hat es so gut getroffen mit ihrer Gastfamilie! Vom ersten Tag an hat sie sich wohlgefühlt. Sie bewohnt ein schönes Zimmer in einem modernen Haus. Auch, wenn sie grundsätzlich bei Gastfamilien OHNE Kinder unterkommen wollte (das war das Einzige, was für sie als Einzelkind und ohne „Kleinkinderkontakt“ nicht so gut vorstellbar war), hat die Familie zwei Mädchen von 2 und 4 Jahren - und Janina liebt sie abgöttisch :-)! Es gibt kaum Fotos ohne sie auf dem Schoß oder an der Hand und sie genießt es sehr, die Familie bei Ausflügen auf den Spielplatz oder in den Park zu begleiten. Ob Kirche am Sonntag (! ;-)), Besuch bei Freunden oder den Großeltern, diverse Park- und Farmfeste: Janina ist immer gerne mit dabei und wird von allen herzlich aufgenommen. Das zeigt deutlich, dass man vorab wirklich für alles offen sein sollte, um ein anderes Leben als man es von zu Hause kennt, um Neues entdecken zu können!

In der Familie ist eine weitere Gastschülerin aus der Türkei, mit der sie sich auch gut versteht, die jedoch lieber allein in ihrem Zimmer bleibt... Dass die Gastmama sogar das gleiche Hobby "Fotografieren" hat, gerne gesund kocht und auch einem "Mädelsabend" mit Netflix nicht abgeneigt ist, ist noch das Tüpfelchen auf dem „i“...

Gewöhnungsbedürftig war jedoch eine mehrseitige Liste mit Hausregeln, die schon beim Einzug im Zimmer lag. Das Meiste waren Selbstverständlichkeiten, aber dass Janina z. B. auch selbst ihre Wäsche waschen muss, hat mich etwas überrascht. Doch auch das scheint ihr, wie Bad putzen und selbst das Frühstück und Pausenbrot machen – erstaunlicherweise – gar nichts auszumachen ;-). Ein besonderes Highlight war mit einer Großfamilie (ca. 30 Personen) Thanksgiving zu feiern... auch wenn man bis spät in die Nacht vorher in der Küche mitgeholfen hat... alles fern der Heimat kein Problem....(Gastmama: „You have a sweetheart for a daughter!“... aha ;-))

Schule:
Die Schule ist zu Fuß ca. 25 Minuten entfernt und die beiden Gastmädchen müssen täglich hin und zurück laufen. (Auch das wäre zu Hause ein Ding der Unmöglichkeit ;-)). Janina konnte alle Fächer belegen, die sie wollte. Nachdem die Fächer in der Vorbereitungswoche nochmal vorgestellt wurden, hat sie sich jedoch in Kanada für andere entschieden als vorab zu Hause. Auch ein Kurstausch nach der ersten Schulwoche war nochmal ohne Probleme möglich. Sie belegt nun Englisch, Mathe, Sport, Spanisch, Digital Media, Food, Fotographie und Family Management. Grundsätzlich ist es für Deutsche aufgrund der Sprache schon anspruchsvoll, hab ich den Eindruck, wenn sie von ihren Hausaufgaben erzählt. Andererseits ist es aber auch viel lockerer im Unterricht: beispielsweise darf man Mathe-Tests immer wiederholen, wenn er mal nicht so gut ausfiel und man darf teilweise das Handy nutzen, Musik hören und essen!! Vor der Schule kann man kostenlos frühstücken – das Frühstück wird von Lehrern zubereitet.

Sport:
Da Janina in Deutschland Volleyball spielt, wollte sie auch dort in die Mannschaft. Sie musste an einem "try out" teilnehmen und wurde aufgenommen. Das Niveau  ist dort allerdings nicht allzu hoch, da die Mädchen ja fast alle nur zwei Monate im Jahr trainieren. Aber sie liebt das Training und die Spiele, die drei bis vier Mal in der Woche direkt im Anschluss an den Unterricht stattfinden!

Freunde:
Janina hat sich im Vorfeld von Ihrer Mitflieger-Liste ein deutsches Mädchen "rausgeguckt", mit dem sie vor Abflug Kontakt aufnahm. Inzwischen sind die beiden beste Freundinnen und verbringen sehr viel Zeit in der Schule und am Wochenende miteinander. Ein anderes Mädchen aus Köln, die auch in der Schule ist und ein deutscher Junge, der eine andere Schule besucht, gehören inzwischen zur festen Clique, die sich meistens in der Mall in Langley oder irgendwo zum Essen rumtreibt. ;-) Leider gestaltet sich der Kontakt zu Kanadiern etwas schwierig, obwohl Janina versucht, sich insbesondere in Kursen, in denen sie die einzige Deutsche ist oder im Volleyballteam anzuschließen. Aber vielleicht kommt das noch...

Ausflüge:
Für Janina bedeutet der Kanadaaufenthalt auch sehr viel Spaß. Deshalb unternimmt sie nicht nur auf eigene Faust mit den öffentlichen Bussen so oft es geht etwas (sehr geschwärmt hat sie von White Rocks), sondern versucht auch die von der Schule angebotenen Exkursionen weitgehend mitzumachen - insbesondere, da sie immer während der Schulzeit stattfinden ;-). Im Kletterpark war sie schon und in zwei Wochen kann sie sich auf drei Tage Victoria freuen! :-) 

Zusammenfassend war es die beste Entscheidung, dieses Abenteuer ein halbes Jahr zu machen. Janina bedauert schon jetzt, dass sie sich nicht für ein Jahr "Auszeit" genommen hat und ist schon heute traurig, wenn sie an die Abreise denkt. Ich persönlich bin froh, dass wir häufig über Skype oder Whatsapp in Kontakt stehen - ansonsten hat sie die Kontakte nach Deutschland aber weitgehend auf Eis gelegt. Es fehlt auch wirklich die Zeit, wenn man sich wie sie in die Familie integriert. Am meisten liebt sie (wie sie mir gegenüber erstaunlich oft betont) ihre Freiheit: mit dem Bus oder zu Fuß ohne vom "Mama-Taxi" vorgegebenen Zeiten für ihre Zeit- und Freizeit-Planung selbst verantwortlich zu sein. Auch ein Learning für mich....und doch freue ich mich schon sehr, sie im Februar endlich wieder in der Gegend rumfahren zu dürfen ;-)

Ach, noch etwas: Wir haben eine Woche vor der geplanten Rückkehr einen Flug nach Vancouver gebucht! Da ich aber auch im E-Mail-Austausch mit der Gastmama stehe, informiere ich sie rechtzeitig... und selbstverständlich schlagen wir nicht unser Zelt im Garten auf, sondern haben ein Hotel 15 km entfernt gebucht ;-). 

Lieben Gruß 

Michaela K.