27.01.2016: Morgens hatte ich noch ein Vorstellungsgespräch an einer neuen Schule, dann musste zu Ende gepackt werden und schließlich ging es endlich los zum Flughafen. Die Aufregung wurde immer stärker. Ich konnte nicht glauben, dass nun endlich meine große Reise nach Neuseeland startet. Außerdem war ich froh, dem deutschen Winter zu entkommen und erst mal in den Sommer zu fliegen.
Der A 380 in Hamburg war noch ein Highlight, der Rest der Reise dann definitiv keins. Mit nur fünf Stunden Schlaf komme ich in Nelson an. Ein kleiner Ort im Norden der Südinsel. 14.000 Einwohnern werden hier gezählt, nicht wirklich viele, wenn man wie ich aus der Großstadt kommt. Der Flughafen ist dementsprechend winzig, mit einem Gate, nur einer einzigen großen Halle und keinen Sicherheitskontrollen ist es der kleinste, den ich je gesehen habe.
Super müde komme ich aus dem Flugzeug und - einmal nicht aufgepasst - verlaufe ich mich auch gleich. Das habe ich wirklich geschafft. Nachdem mich meine Gastfamilie dann aufgespürt und super herzlich empfangen hat, frage ich mich immer noch, wo ich meinen Koffer abholen kann. Es gibt kein einziges Laufband oder auch nur ein Schild, das mir sagt, wo mein Gepäck sein könnte. Die Sorge um meine Sachen löst sich auf, als wir raus gehen und der Gepäckwagen vor der Tür steht.
Auf dem Weg zu meinem neuen Zuhause sitzt meine zwölfjährige Gastschwester neben mir, neugierige Blicke zu mir rüber werfend und mit einem großen Grinsen im Gesicht. Ab da wusste ich, wir werden uns super verstehen und viel Spaß haben.
Richmond ist sehr schön und etwa 20 Minuten von Nelson entfernt. Es liegt auf einem Hügel und an fast jeder Ecke kannst du das blaue Meer erblicken. Der Sommer ist ziemlich warm und wenn man Abbey heißt und meine kleine crazy Gastschwester ist, gehört jeden Tag baden zum Leben dazu. So wird dem Fluss, der nur 15 Minuten entfernt ist, ziemlich oft ein Besuch abgestattet.
Nelson ist von Bergen umgeben, was den Regen abhält und die Stadt zu der mit den meisten Sonnenstunden in ganz Neuseeland macht. Das ist der Grund vieler International Students, nach Nelson zu kommen. Ich bin hergekommen mit dem Gedanken, es ist Neuseeland, es muss schön sein, und das ist es auch. Mit dem Abel Tasman National Park gleich um die Ecke und der Aussicht aufs knallblaue Meer wird es zu einem ganz besonders schönen Ort.
Ich habe mich gleich vom ersten Tag an in den Gedanken verliebt, hier nun für ein Jahr zu wohnen. Mit den vielen Outdoor-Aktivitäten, aber auch einer kleinen Mall und den schönen Einkaufsstraßen hat es alles zu bieten, was man braucht.
In Richmond besuche ich das Waimea College. Eine große Schule mit 1500 Schülern. Am ersten Tag war ich super nervös, aber mit einem Einführungsprogramm und netten Lehrern im International Department konnte ich mich schnell einleben und zurechtfinden. Die Schule besteht aus vielen verschiedenen Gebäuden auf einem großen grünen Gelände mit vielen Sportmöglichkeiten. Für jedes Fach gibt es eigene Räume, die hervorragend ausgestattet sind, sodass ein viel interaktiverer Unterricht möglich ist als in Deutschland. Eine Schuluniform zu tragen ist super, denn du musst morgens nicht mehr überlegen, was du anziehen willst.
Am Waimea College wird man mit dem Maori Powhiri sehr herzlich empfangen und in die Waimea-Familie aufgenommen. Auch wenn es am Anfang ziemlich komisch erscheint und du kein Wort von dem Maori sprechenden Mann verstehst, war es eine interessante Erfahrung.
Die Atmosphäre in der Schule ist ganz anders als in Deutschland. Nach dem Unterricht wird den Lehrern gedankt und jeder wird aufgenommen und akzeptiert. Das Zugehörigkeitsgefühl ist ein anderes und eigentlich alle sind super nett und lustig. Auch wenn mein elfter Jahrgang als „schlimm“ eingeordnet wird, liebe ich es. Die Schüler sind freundlich und im Unterricht gibt es immer etwas zu lachen.
Das Fach Outdoor Education ist definitiv eines meiner Lieblingsfächer. Im Sommer fährt man viel Kajak, im Schulpool, im Fluss oder im Meer, ganz egal, es macht richtig viel Spaß. Mountaibiking, Wandern, Rockclimbing und Caving sind andere Aktivitäten, die dazu gehören.
Mit die beste Erfahrung ist das Häuser-System in der Schule, wie bei Harry Potter. Einmal im Jahr gibt es einen House-Sports-Day, an dem die vier Häuser, auf die alle Schüler verteilt sind, mit einer Performance und danach vielen Aktivitäten im Pool oder auf dem Sportfeld gegeneinander antreten.
Am Ende von Term 3 gibt es eine House-Song-Performance, die mein Haus gewonnen hat. Auch wenn jeder den Text nur raus schreit, ist es super cool und lustig. Es machte nichts, wenn man es, wie ich, nicht ganz hinbekommt und immer an der falschen Stelle „singt“.
Wenn der Sommer sich dem Ende zuneigt und der Term 2 beginnt, fangen viele Ballsportarten an. Ich habe mich gleich einem Hockey-Club angeschlossen und später auch fürs Schulteam gespielt. Dadurch habe ich viele Neuseeländer kennen gelernt und die Trainings haben viel Spaß gemacht.
Mit der Schulmannschaft ging es in Term 3 aufs School Tournament nach Ashburton, das liegt unter Christchurch. Die Stimmung war blendend, es gab immer etwas zu lachen, und als wir dann auch noch das Turnier gewonnen hatten, wurde dies definitiv eine meiner besten Wochen hier in Neuseeland. Kein Tag ging zu Ende, an dem wir nicht gelacht haben. Hier sind ein paar der lustigsten Stories:
One funny story happened on the first evening. First Shania, one of my friends, ran against the glass door from our apartment and after tea when I came down, I did the same, with my plate first, so it was pretty loud. That made us laugh very much.
We had a „secret friend“ for the week, so everyone had to buy something funny for a special person every day and you had to bring it to the person, without presenting yourself. Jess, a girl of the team, got gummy shit from her secret friend, it looked real but it was only gummy. This gummy shit had a little whole in it and Jess put her lolly pop stick in it and blew it up. She tried to blow it until it pops, but she had not enough air. Her mother Kelly, who was there as well, told her to do little breathers instead of letting the air completely out. Demi's comment was „Kelly knows how to blow shit.“
At the beginning of the week, Shania plated the hair of some girls from the team in lots of little plats. Then the team asked our coach Sharon if she would like some, just for a joke. She didn’t, but Shania said when we get in the finals, we can plat her some. And she said yes, but only when we come in the finals. So Shania plated her hair. For the teacher who managed everything and the mother who helped we had green and yellow hairspray. Demi got from her secret friend green and yellow balloons so we put them in the corners of the hockey field.“ I tell you, the people here are funny and crazy.
Meine Gastfamilie ist super, ich habe die beste und wasserverrückteste Gastschwester der Welt, und meine Gasteltern sind auch sehr lieb zu mir. Mit meinem Gastvater wird es nie langweilig. Selbst wenn es nur zu einer Aussichtsplattform geht, wird mal eben der Weg verlassen und ein ganz neuer erkundet. So konnte ich die schönsten Orte kennen lernen und viel mehr Spaß haben, als einfach den normalen Weg zu gehen.
Meine Gastfamilie reist viel mit mir. Es ging schon zum Golden Bay, nach Hanmer Springs und auf die Nordinsel nach Tauranga, von wo wir das Maori-Dorf in Rotorua sowie Mount Manganui, den Zoo und natürlich den Funpark in Auckland besucht haben.
Neuseeland bietet so viele Möglichkeiten, es ist für jeden etwas dabei. Vom Schwimmen im Meer und Sonnenuntergängen bis zu Skifahren, Iglus bauen, Kajak fahren, Wandern, Whale Watching und vielem mehr. Vor allem die Natur ist sehr beeindruckend, sogar Vulkane kann man hier sehen.
Die Menschen hier sind superfreundlich. Mein Selbstbewusstsein hat sich gesteigert durch diese Reise. Zu Beginn sah ich im Englisch-Raum folgenden Spruch über der Tafel hängen: „Be yourself, everyone else is taken.“ Diesen machte ich mir hier zum Lebensmotto, und er hat mir geholfen, an mich zu glauben und einfach ich selber zu sein, denn niemand braucht sich zu verstellen. Das vermitteln sie hier auch mit ihrer Haltung: Hinter jedem Menschen steckt eine gute Person und man muss nur versuchen, sie zu finden und sich selbst kennen zu lernen. Dafür ist nichts besser als ein Auslandsjahr, bei dem man komplett neu anfangen kann, denn niemand kennt einen. Die Neuseeländer sind besonders gut darin, sie selbst zu sein und deshalb glaube ich, sind die Leute hier so fröhlich und - auf eine gute Art - verrückt und lebensfroh. Besonders aufgefallen ist es mir im Waimea College, wo den Schülern genau das beigebracht wird.
Alle, die ich hier getroffen habe, sind superlustig. Hier wird viel gelacht und jeder freundlich aufgenommen. Diese Zeit hier hat mich verändert, und ich bin so dankbar für diese Erlebnisse. Ich habe nicht nur die Maorikultur kennen lernen können, sondern auch die von ganz vielen anderen Orten der Welt. Meine Gastfamilie hatte für acht Wochen eine weitere Gastschülerin aus Korea, und in meiner Schule habe ich mich mit Japanern, Italienern, Brasilianern und vielen weiteren Leuten aus anderen Ländern angefreundet. Nun habe ich Freunde auf der ganzen Welt und eine zweite Familie in Neuseeland. Das kann mir keiner wieder wegnehmen, sowie all die Erfahrungen, die ich machen durfte.
Es wird traurig sein, dieses tolle Land zu verlassen. Aber ich bin dankbar, dass Neuseeland mir eine so tolle Zeit hier geschenkt hat und ich es nun mein zweites Zuhause nennen kann.
Jetzt habe ich noch drei Monate, bis ich wieder zurück nach Deutschland gehe, aber vorher mache ich eine Südinsel-Tour, einen Outdoor-Education-Trip, feiere Abschied und werde mit meiner Familie auf der Nordinsel reisen. Aber ich weiß, es wird hart, meine Freunde zu verlassen und nicht zu wissen, wann ich sie wieder sehen werde, besonders meine Gastfamilie und das beste Hockeyteam der Welt.
„You will never be completely at home again, because part of your heart will always be elsewhere. That is the price you pay for the richness of loving and knowing people in more than one place.“
I never would change that for anything. I love my second family and I will always do, as well as my family who made this time here possible and supported me to let my big New Zealand dream become true.