High School in USA

Victoria - Florida, Orange Park, Ridgeview High School

Mit 15 Jahren traf ich eine der größten Entscheidung überhaupt: ich beschloss, ein Schuljahr an einer High School in den USA als Austauschschülerin zu verbringen. Die Vorfreude auf das bevorstehende Abenteuer überwog natürlich, allerdings war es doch ein enormer Schritt: ein ganzes Jahr in einem Land, in dem man niemanden kennt, an einer neuen Schule, und eine Sprache, die man nicht wirklich fließend spricht. Heute kann ich allerdings sagen, dass ich mich jedes Mal wieder dafür entscheiden würde.

Die Auswahl von den Carl Duisberg Centren als Austauschorganisation fiel mir relativ leicht, da ich den direkten Vergleich zu anderen Organisationen hatte, die den ganzen Prozess eher als "Massenabfertigung" behandelten, statt sich für jeden einzelnen Bewerber Zeit zu nehmen und ausführlich zu beraten. Das zweitägige Vorbereitungsseminar war hilfreich, da man sich mit anderen zukünftigen Exchange Students austauschen konnte, und darauf vorbereitet wurde, was einen kulturell erwartet.

Im Rahmen des Staatenwahlprogramms suchte ich mir Florida als Ziel für mein Auslandsjahr aus, da ich dort schon oft mit meiner Familie Urlaub gemacht hatte, also war mir die Gegend nicht ganz unbekannt. Ich hatte wahnsinniges Glück mit meiner Gastfamilie, Jeffrey und Regina Hayes, die leidenschaftlich gerne Austauschschüler betreute. Ich war schon die zehnte, die bei ihnen aufgenommen wurde. Sie hatten also schon ein volles Programm für mich das ganze Jahr über geplant, da sie mir so viel wie möglich in ihrer Heimat zeigen und näher bringen wollten.

Meine Gastfamilie wohnte in Orange Park, einem kleinen Vorort der Stadt Jacksonville im Nordosten Floridas, also in der Nähe der Grenze zum Staat Georgia. Sie hatten vier Kinder, die aber alle schon ausgezogen waren. Deshalb lebte ich mit meinen Gasteltern, sowie mit drei Hunden, sechs Katzen und Fischen in einem netten Haus an einem kleinen See. Dazu muss man wissen, dass Amerikaner sehr tierlieb sind, und dass die meisten Familien mehrere Haustiere haben. Grundsätzlich ist in den USA auch alles größer, so wie der Supermarkt, die Entfernungen, die Portionen – daran gewöhnt man sich nach dem anfänglichen Kulturschock allerdings sehr schnell.

Meine Schule war die Ridgeview High School, die etwa fünf Minuten mit dem Auto von unserem Haus entfernt war. Etwa 3.000 Schüler in den Jahrgangsstufen neun bis zwölf besuchten die Schule, die etwa sieben große Gebäude, ganz viele kleine Nebengebäude, einen großen Schulhof, sowie Sportplätze für alle möglichen Sportarten hatte. Natürlich auch ein Football-Stadium für die Spiele gegen die anderen High Schools im Ort.

An meinem ersten Tag hatte ich einen Termin mit meiner Guidance Counselor, die mit mir meinen Stundenplan zusammengestellt hat. Ich hatte einige Pflichtfächer, die ich belegen musste: Amerikanische Literatur als auch Geschichte und Sozial- und Wirtschaftskunde. Dadurch hatte ich noch drei weitere Fächer, die ich mir aussuchen konnte. Um nach meiner Rückkehr nach München nicht im Stoff hinterherzuhinken, entschied ich mich für French 3, Algebra 2 sowie Team Sports.
Die Niveaus der "Basic"-Kurse sind im Vergleich zu Deutschland nicht ganz so hoch, weshalb ich teilweise in Kurse für Schüler der 11. bzw. 12. Klasse eingeteilt wurde. Auch war ich offiziell in der Abschlussklasse, um an Ende des Jahres an der Abschlusszeremonie und am Abschlussball teilnehmen zu können. Der Stundenplan war an jedem Wochentag gleich: 6 Stunden mit einer großen Pause. Die erste Stunde begann um 7:20 und man war dann um 1:40 fertig, war im Vergleich zu Deutschland sehr angenehm war.

Was mich am meisten positiv überrascht hat, war die Freundlichkeit und das Interesse aller Leute, die ich kennengelernt habe. Ich habe mich wirklich willkommen gefühlt, und habe sehr schnell Anschluss gefunden. Viele Amerikaner waren noch nie in anderen Ländern und sind daher oft neugierig, wie das Leben woanders so abläuft.

Auch die Lehrer waren sehr freundlich und um den Erfolg der Austauschschüler bemüht. Zu Beginn fiel es mir nicht ganz so leicht, einige Fächer zu bewältigen. Insbesondere Geschichte, da wir oft lange Texte zu lesen aufhatten, und ich viele Wörter nachsehen musste, da mein Verständnis noch nicht ganz so gut war. Auch in alltäglichen Gesprächen war meine Devise einfach oft lächeln und nicken, da man viele Ausdrücke, die im Alltag verwendet werden, einfach nicht kennt. Nach 2 Monaten hatte sich das aber schon enorm verbessert, und nach dem ersten Semester war mein Englisch schon sehr fließend. Allein aus diesem Grund würde ich einen Austausch wärmstens empfehlen – man lernt einfach nirgendwo so gut die Sprache richtig anzuwenden als im Gespräch mit Muttersprachlern.

Meine Gastfamilie erwartete von mir natürlich, dass ich mich am Haushalt beteilige, also z.B. die Küche aufzuräumen, staubzusaugen, mein Zimmer sauber zu halten etc., was man aber auch zu Hause so macht. Da meine Gastfamilie katholisch war, waren wir jeden Sonntagmorgen in der Kirche. Ansonsten haben wir Ausflüge zum Strand gemacht, ins Einkaufszentrum, wir waren in Disneyland und haben St. Augustine, die älteste Stadt Amerikas besucht. Unter der Woche waren meine Gasteltern aber hauptsächlich mit ihrer Arbeit ausgelastet, und ich durfte etwas mit Freunden unternehmen. Am besten ist es, man sucht sich Freunde, die selbst ein Auto haben, da es sonst sehr schwierig ist, von einem Ort an den anderen zu kommen, da es keine öffentlichen Verkehrsmittel gibt und die Distanzen zum Laufen einfach viel zu weit sind. Sonst war ich unter der Woche oft mit meinen Gasteltern im Kino, das war unsere Tradition.

Eine Sache, vor der man immer wieder gewarnt wird in den USA, ist natürlich die Ernährung: da muss ich leider bestätigen, dass das Essen nicht wirklich das gesündeste ist. In der Schule gab es neben einer Salatoption nur Burger, Spaghetti, Pizza, Pommes und Chicken Nuggets. Man muss einfach darauf achten, regelmäßig Sport zu treiben – zum Beispiel in einem Schulteam – und versuchen, zu Hause gesund zu essen. Meine Familie war nicht besonders kochbegeistert, also habe ich ab und zu etwas zubereitet. Das ist auch eine nette Geste, und man kann vielleicht ein Rezept aus Deutschland mitbringen.

Über das Jahr verteilt, war ich mit meiner Gastfamilie in North und South Carolina, in Ohio bei einer Familienfeier meines Gastvaters, und über Spring Break in Tampa. So habe ich viele Teile der USA kennenlernen können. Auch mit den anderen Austauschschülern wurden über die regionale Koordinatorin oft Ausflüge angeboten. Zum Abschluss des Jahres kamen dann meine Eltern zu meiner Abschlussfeier, um mich abzuholen: das war auch eine sehr nette Gelegenheit, da sie meine Gastfamilie als auch meine Freunde dort kennenlernen konnten. Beim Abschied war ich natürlich wieder zwiegespalten: einerseits habe ich mich gefreut, wieder nach Hause zu fliegen, aber andererseits hatte ich mich schon sehr gut in Florida eingelebt und würde meine Familie und Freunde dort vermissen.

Im Großen und Ganzen kann ich eigentlich nur sagen, dass es eine wirklich fantastische Erfahrung war: das erste Mal musste ich wirklich selbstständig sein, um mich dort zurechtzufinden. Ich habe absolut perfekt Englisch gelernt, was mir jetzt im Studium und im Berufsleben wahnsinnig weiterhilft. Ich habe eine andere Kultur und Art des Lebens sehr genau kennen und lieben gelernt, und habe Kontakte, die ich immer noch ausgiebig pflege. Daher bin ich sehr froh, dass ich über meinen Schatten gesprungen bin, denn meine Erfahrungen kann mir keiner nehmen.