High School in USA

Manuel - Utah, American Fork

Zweitplatzierter des Essaywetttbewerbs 2014/2015

Mein letztes Jahr verbrachte ich in den USA, Utah, American Fork. Am Anfang war alles sehr aufregend. Ich lernte meine Familie mit sechs Gastgeschwistern, sehr viele Nachbarn, Freunde und meine neue High School kennen. Es ist doch etwas völlig anderes, ob man in einem anderen Land in einer Gastfamilie lebt oder dort Urlaub macht. In der Familie bekommt man die amerikanische Kultur viel besser mit und ich fühlte mich sogar wie ein Amerikaner.

Die Leute in Utah sind alle sehr nett und offen. Wenn ich jemanden angesprochen habe, fragten sie aufgrund meines Akzents meist, woher ich komme. Ich genoss es richtig, mit ihnen in Englisch zu reden und ihnen von mir und meinem Land zu erzählen, denn alle wirkten sehr interessiert und nahmen mich sofort freundlich auf.

Meine Gastfamilie war und ist immer noch super. Auch wenn es manchmal für mich mit der mormonischen Religion ungewohnt war, könnte ich mir keine bessere vorstellen. Alle kümmerten sich richtig gut um mich und ließen mich Teil ihrer Familie sein. Anfangs habe ich mich gefragt, wie die Familie mit sechs Kindern zurecht kommt und wie dieses Leben so aussieht. Schon nach einigen Tagen gefiel es mir richtig gut, weil dort immer etwas los war. In meiner eigenen Familie mit nur einer älteren Schwester ist es schon anders. Wenn ich etwas mit meiner Gastfamilie machen wollte oder Fragen hatte, war das kein Problem, weil immer einer Zeit hatte. Zusammen unternahmen wir viele Ausflüge, so besuchten wir z.B. ein Rodeo, wo ich ein Huhn und einen Hasen gefangen habe.

In Utah ist es nicht ungewöhnlich, sechs Kinder zu haben. Die Mutter ist normalerweise zu Hause und kümmert sich dort um alles und der Vater geht arbeiten. Mein Gastvater hat mit ein paar Freunden ein Unternehmen gegründet. Er verkauft "home theater". Das ist so etwas wie ein kleines Kino für zuhause. Er arbeitete sehr, sehr viel, aber es machte ihm Spaß und abends, wenn er nach Hause kam, erzählte er immer Geschichten von der Arbeit.

In Utah leben sehr viele Mormonen. Als ich das erste Mal hörte, dass ich in eine mormonische Familie komme, war ich schon nervös, weil ich nicht wusste, was mich erwarten würde. Meine Ängste waren jedoch schnell verflogen, als ich sie kennen lernte.

Alle Mormonen haben mich in ihrer Gemeinschaft herzlich aufgenommen. Die Kirche Jesu Christi der letzten Tage (The Church of Jesus Christ of Latter-Day Saints) spielte eine große Rolle in meinem Jahr, weil fast alle Leute, die ich in Utah kennen lernte, diesem Glauben angehörten. In Salt Lake City steht der berühmteste Tempel der Mormonen. Ich ging jeden Sonntag mit meiner Familie in die Kirche und besuchte auch den Unterricht „Mission Prep“. Dort werden Schüler auf ihre zukünftige Mission vorbereitet. Nach der High School gehen viele Schüler für 1,5 bis 2 Jahre in andere Gegenden, um Leute von ihrem Glauben zu überzeugen. Für mich war das Reinhören und Mitmachen bei allen kirchlichen Aktivitäten höchst interessant. Ich konnte überall dabei sein, ohne ihrer Religion beitreten zu müssen. In den Osterferien machte meine Familie sogar mit mir eine Reise mit dem Wohnmobil, bei der wir die geschichtlichen Meilensteine der mormonischen Kirche durch einige amerikanische Staaten bis in den Staat New York verfolgten. Die Niagara-Fälle konnten wir dort mit Schnee sehen. Von New York flogen wir dann mit dem Flugzeug zurück nach Utah.

Auch finde ich interessant, wie unterschiedlich unsere Kulturen sind. Hier in Deutschland will man einen guten Job haben, aber seltener ein neues Unternehmen gründen. In den USA lebt man den sogenannten "American dream" (Wenn man die richtige Idee hat und hart arbeitet, kann man viel Geld machen.). Selbst zwei meiner Brüder haben ihr eigenes Rasenmäher-Business.

Die Schule in den USA gefällt mir besser als in Deutschland, weil es mehr Fächer zum Auswählen gibt, und auch viele, die Spaß machen. In Deutschland haben wir nur die nötigsten Fächer. In den ersten zwei Quarters hatte ich „Astronomy“ und „Foods and Nutrition“ gewählt, später auch „Banking and Finance“, „Government and Citizenship“ und „Computer Technology“. Mir haben hier alle Fächer sehr gut gefallen. Auch wenn der erste Monat in der Schule wegen der englischen Sprache etwas schwer war, so wurde es später besser und einfacher.

Ich LIEBE den "schoolspirit" in den amerikanischen Schulen. Unser Schullogo ist ein Höhlenmensch (Caveman). Ich war beeindruckt, als das erste Assembly mit 2.000 Schülern stattfand und alle zusammen die amerikanische Nationalhymne sangen. Ansteckend sind auch die „Rivalenkämpfe“ zwischen Sophomore, Junior und Senior. Sogar Rockkonzerte werden in der Schule veranstaltet! Eines davon war: „Cavestock“. Das Motto war  Woodstock nachempfunden und hatte Essenstände wie früher. Manche verkleideten sich sogar hippimäßig. Mein Highlight des Abends war, als jemand zu der Band meinte, er wolle das Lied „99 Luftballons“ hören, da alle Amerikaner diesen Song mit Deutschland verbinden. Die Band konnte ihn zwar spielen, wusste aber den Text nicht. Also sprang ich spontan auf die Bühne und sang 99 Luftballons für 800 Schüler. Ich kannte den Text zwar auch nicht richtig, die Stimmung war aber riesig und keinem fiel es auf.

Beste Erfahrungen hatte ich auch als Teil des Schwimmteams gemacht. Schwimmen für die High School hatte ich für 6 Monate als Unterrichtsfach mit täglichem Workout und vielen Wettkämpfen zwischen den High Schools. Dabei bekommt man den Schoolspirit so richtig mit. Wenn wir zusammen im Bus fuhren, sangen wir die Schoolhymne und beim Wettkampf feuern wir uns gegenseitig an. Durch das Schwimmteam habe ich viele Kleidungsstücke mit unserem Schul-Logo erhalten.

Football ist der Nationalsport Amerikas und in jeder High School populär. Meine Freunde und ich sind zu fast jedem Footballgame gegangen. Auch wenn wir gar nicht so an Football interessiert sind, macht es Spaß, dabei zu sein und das Team anzufeuern. Die Stimmung ist dort einfach einzigartig, da wir dann alle ein Team sind.

Nach der Schwimmsaison lief ich für das High School Track Team. Da ich in Deutschland schon Leichtathletik gemacht habe, konnte ich meine Erfahrungen dort einbringen und habe es in das Varcity Team geschafft. Ich lief die 110 und 300 Meter Hürden und belegte sogar den achten Platz in der Region. Mein Weitsprung hat leider nicht gereicht, um mich für „State“, also den Wettkampf für ganz Utah zu qualifizieren. Dennoch gefiel mir der Zusammenhalt im Team, und die Wettkämpfe gegen andere Schulen machten riesig Spaß. Die Austauschschüler, denen ich auf meiner Schule begegnet bin, hatten alle keinen Sport belegt. Ich bin sehr froh, dass ich am amerikanischen Sportleben teilnehmen durfte und somit so viele schöne Highlights erlebt habe.

Utah hat die schönste Natur der Welt. Und das Beste ist, dass ich mittendrin leben durfte. Jeden Tag genoss ich hier eine wunderschöne Aussicht auf die Berge. Meistens ging ich drei- bis viermal pro Woche in den Canyon, der 25 Minuten von meinem Haus entfernt lag. Ich liebe die Aussicht dort auf American Fork und nutzte die Gelegenheit, mit Freunden allein in der Natur zu sein. Hier habe ich Höhlen erforscht, bin auf Felsen geklettert oder einfach nur herumgewandert. Den Canyon vermisse ich hier in Deutschland sehr!

Das absolute Highlight war jedoch, als ich mit der Kirche meines Stakes (Stadtteil) zusammen auf „trek“ gehen konnte. In „trek“ wandert man in der Kleidung von 1847 drei Tage lang durch die Wüste, zieht Handkarren mit und dies, um Respekt zu den Familienvorfahren zu zeigen. Vor ungefähr zweihundert Jahren pilgerten erste Mormonen wegen ihrer Verfolgung vom Bundestaat New York Tausende von Kilometer nach Utah, um dort einen Tempel zu bauen. Dabei waren auch die Vorfahren meiner Gastfamilie und der meisten Familien in Utah.

Wir fuhren mit 12 gelben Schulbussen in die Wüste von Wyoming. Die 500 Trek-Teilnehmer wurden in Familien von bis zu sechs Geschwistern eingeteilt, die jeweils einen Vater und eine Mutter hatten. Wir zogen zusammen unseren Familienhandkarren, wanderten drei Tage lang und übernachteten in Zelten. Abends kamen Trucks ins Zeltlager und brachten uns Essen und Trinken. Dann sangen wir Lieder und es wurden Geschichten von Pionieren vorgespielt. Es war sehr anstrengend, bei 40 Grad im Schatten zu wandern, eine Handkarre voll mit Gepäck zu ziehen und sich drei Tage lang nicht waschen zu können. Alle sehnten sich danach nach einem weichen Bett, aber waren sehr stolz, den „trek“ geschafft zu haben. Ich muss sagen: „Respekt vor diesen Pionieren, die dies für mehrere Monate aushalten mussten!“

Am Ende meines Aufenthaltes zum Schulabschluss holten mich meine Eltern aus den USA ab und wurden eingeladen, bei uns im Haus zu wohnen. Wir besuchten die Graduation von 700 Schülern, die in einer großen Sporthalle einer Universität stattfand. Zusammen mit meiner Gastfamilie unternahmen wir einige Ausflüge in Utah und mit zwei Gastgeschwistern machten wir 5 Tage Urlaub im Yellowstone Park. Außerdem besichtigten wir einige weitere Nationalparks und flogen sogar nach Hawaii. Mein Favorit war jedoch der Arches Nationalpark, der sogar nachts geöffnet ist und wir Sternenbilder mit den Arches (Steinbögen) im Vordergrund fotografieren konnten.

Im Programm des mormonischen Gottesdienstes war es vorgesehen, dass jemand zu einem Thema vor der ganzen Gemeinde eine Rede hält. Am letzten Sonntag meines Aufenthaltes durfte ich in der Kirche diese Rede halten. Ich habe diese Möglichkeit genutzt, mich bei allen zu bedanken, und von meinen tollen Erfahrungen meines Aufenthaltes zu erzählen. Es sind sogar auch einige meiner Freunde gekommen, um mich reden zu hören und sind sogar für den Rest des dreistündigen Vormittags in der Kirche geblieben. Zum Schluss versammelte sich zum ersten Mal die gesamte Nachbarschaft für ein Foto vor der Kirche (siehe ganz unten).

Nach der Kirche veranstaltete meine Gastfamilie für mich ein open house (Abschiedsparty) bei sich im Garten. Dort kamen viele meiner Freunde, Nachbarn und Familienmitglieder vorbei, um mir eine gute Heimreise zu wünschen. Es gab Melone, Fleischbällchen, Kuchen, Kekse, Bonbons und einiges brachten die Gäste auch mit. Es war schön, nochmal all die Leute vor meiner Heimreise zu sehen und sich zu verabschieden.

Am letzten Tag konnte ich die Natur noch einmal richtig genießen und mit ein paar Freunden und Nachbarn mit einem Boot auf einem See fahren. In der Sommerhitze von Utah sind wir dann auf der Welle hinter dem Boot gesurft und haben im erfrischend kalten See gebadet. Ich konnte das letzte Mal noch die Berge, das Wasser und die restliche Natur genießen, denn am nächsten Tag ging es schon wieder zurück nach Deutschland, wo mich meine Freunde mit einer Überraschungsparty begrüßten.

Durch all diese Erfahrungen fühlte ich mich in den USA wie ein Amerikaner und nicht mehr wie ein Deutscher. In Deutschland benötigte ich erst mal 4-5 Tage, um mich wieder einzugewöhnen. Die Sportkleidung mit dem Caveman- Schullogo trage ich gern immer noch mit Stolz und in meinem Zimmer habe ich auch die passende Decke und ein Foto mit meiner Gastfamilie. Mit ihr habe ich noch viel Kontakt. Meine beiden Familien haben Freundschaft geschlossen. Im Herbst werden uns zwei meiner Gastgeschwister besuchen. Sicherlich werde ich auch bald wieder mal nach Utah fahren und den Canyon weiter erforschen.

I'm proud to be a Caveman! And so thankful that I did this year. I can just recommend everybody to do it!

Manuel